Pressestimmen


Auftakt der Weltmusiktage 2004 in der Schweiz

Einige Abteile weiter begegnet man dem Ensemble Notstrom mit Gary Berger und Jürg Lindenberg; mit ihren Computern verarbeiten sie die vorbeiziehende Landschaft, wie sie von einer am Zug befestigten Videokamera aufgenommen wird, zu elektronischen Klängen.
Peter Hagmann, Neue Zürcher Zeitung, 8. November 2004



Wo das «Hinaus-Schauen» zum «Hinaus-Hören» wird
World New Music Days 2004: Der Klangzug machte beim Festival «Klangnovember» in Aarau Halt

In einem Waggon sind Klang-Installationen angebracht. Dort hat etwa das Ensemble Notstrom an einem Zugfenster eine Kamera installiert, deren Bilder während der Fahrt von einem Computer analysiert und in Musik umgewandelt werden. So wird das «Hinaus-Schauen» zum «Hinaus-Hören».
Sibylle Ehrismann, Aargauer Zeitung, 12. November 2004



Ensemble STROM

Dass heutzutage fünf computervernetzte Musiker ein ziemlich komplexes Improvisationsstück während rund einer Stunde ohne Absturz über die Runden bringen, beweist wohl am drastischsten, wie alltäglich, sprich narrensicher, die Systeme geworden sind, seitdem Kessler vor knapp 15 Jahren in Basel mit einem Fairlight-System angefangen hat. Das elektro-akustische Ensemble STROM mit dem Saxophonisten Rico Gubler und den Computermusikern Gary Berger, Junghae Lee, Philippe Kocher und Fabian Neuhaus musizierten in einer eigens erbauten und speziell ausgeleuchteten Bühnenlandschaft, die aus einem rechtwinkligen Eisengerüst in T-Form besteht, an dessen Schnittpunkt quasi die Mischpulte positioniert sind. Rund um die Längsachse sind die Computer, Sampler und verschiedenen Eingabeinstrumente aufgestellt. Kopfseitig hängen zwei Metall- und eine Glasplatte, diese dienen mittels Mikrophonen ebenso als Klangquelle wie die verschiedenen Saxophone des gegenüber spielenden Rico Gubler. Seine einleitenden Klangkaskaden werden über das lokale Netzwerk von den übrigen Musikern aufgenommen, weiterverabeitet und in bereits komponierte Stücke der übrigen vier Musiker eingewoben. Herz des vielteiligen Stücks ist das zehnminütige Ata-7 des Basler Produzenten und Tontechnikers Alex Buess, das sich durch eine nichttemperierte siebenstimmige Tonreihe auszeichnet, über die die «Klänge dem Strom der Verarbeitung ausgesetzt» werden.
Peter Révai, Dissonanz Nr. 64, Mai 2000



ENSEMBLE STROM
Mit Strom und Sax

Elektronische Klänge in enger Verzahnung mit einem Saxophonisten: Das elektroakustische Ensemble STROM hat am Freitagabend im La Fourmi den Versuch unternommen, die Grenzen zwischen elektro und akustisch durchlässiger zu machen. Während rund einer Stunde erklangen drei Kompositionen, die mehr und weniger nahtlos zu einer Einheit gefügt wurden. Mit klanglich und dynamisch guten Einfällen hat die Musik hier und dort die Wahrnehmung geritzt.
Rico Gubler (saxophone), Gary Berger (elektronik), Junghae Lee (elektronik), Philippe Kocher (elektronik) und Fabian Neuhaus (elektronik) standen konzentriert an ihrem Instrumentarium. Diverse Computer, Mischpulte, Sampler und andere elektronische Apparaturen sowie zwei schwebende Metall- und eine Glasplatte mit Tonabnehmern standen als Klangquellen zur Verfügung und wurden in höchster Sorgfalt bedient. Als Impulsgeber wirkte Saxophonist Rico Gubler, dessen Klänge in das System der vernetzten Gerätschaften eingespiesen und weiter transformiert wurden. Die Zuhörenden gingen mit den aufziehenden Klangsphären auf die Reise.
Pirmin Bosshart, NEUE LUZERNER ZEITUNG - KULTUR, 18. April 2000



Elektroakustisches Ensemble

Sie gingen mit grossem Ernst und erkennbar profunder Sachkenntnis ans Werk: die sechs jungen Künstler vom «STROM», dem elektroakustischen Ensemble, das am vergangenen Mittwochabend im Zunfhaus zum Rüden einen bemerkenswerten Auftritt absolvierte, nämlich Rico Gubler, Saxophon, Gary Berger, Junghae Lee, Philippe Kocher und Fabian Neuhaus Elektronik, sowie Urs Ammann, Inszenierung. Allein schon die Benennung der Instrumente lässt ahnen, dass es sich nicht um ein normales Konzert mit herkömmlicher Musik, sei sie noch so «modern», handelte, sondern um ein Experimentieren mit dem akustisch Möglichen und Unmöglichen. Die Verbindung von akustischen und elektroakustischen Instrumenten auf der Bühne ist so neu natürlich nicht, denken wir an Stockhausen damals mit seinen Tonbändern, aber die rasante Weiterentwicklung computergesteuerter Klangerzeuger und ihrer elektronischen Rechenknechte eröffnete doch eine völlig neue Welt. Sie ist lang, die Liste der Fachbegriffe wie Synthesizer, Sampler, Harddiscrecording, Soundkarte, Sequenzer, Digitalmixer, Effekte, Midi, Audio, Synchronizer, In und Out, Logic oder Cubase, S/PDIF oder AES/EBU — dieser Kurzauschnitt nur zum Abgewöhnen oder zur Suchterzeugung — aber ein Problem bleibt: Was nämlich macht der Mensch als Performance-Künstler auf der Bühne in all diesem virtuellen Drahtgewirr von Bits und Bytes im unerbittlichen Takt des Midi-Timecodes? Die Antwort liefert «STROM»: Der Computer steht auf der Bühne und wird zum «virtuos gehandhabten, live gespielten Musikinstrument». Technisch heisst dies, dass mehrere untereinander vernetzte Computer akustische Signale aufnehmen, hier vom Saxofon, von Metall- und Glasplatten vorgegeben, verfremden sie, spielen sich die Klangpakete gegenseitig zu wie den Puck beim Eishockey, wobei als Schläger hier weniger gewalttätig Dreh- und Schieberegler, im Fachjargon «Controller», dienen. Dazu kommen normale Bühnenregie wie Lichteffekte sowie eine Choreografie für die Mitspieler, womit dem Auge des Zuschauers schon einiges geboten wird. Und dem Ohr? Ähnlich wie in der Literatur des beginnenden technischen Zeitalters, die sich Dampfmaschienen und Schlimmerem gegenübersah, lässt sich auch heute noch mit lautmalenden Ausdrücken aller Art arbeiten, vom Donnergrollen über Affengezwitscher, Helikoptergeknatter, Sirren, Pfeifen, Prasseln, Rauschen, Knarren und Quietschen ist alles dabei, was sich mit bei einer Samplingrate von 44,1 KHz in die Frequenzbänder der Suround-Abmischung einwickeln lässt, beeindruckend für den Laien, endloses Expermentierfeld für den Sound-Crack. Ein Begriff muss noch her, nämlich «Distorsion». Ursprünglich Standardübung zum Übersteuern von Gitarrenverstärkern, wäre hier «überdreht» die angemessene Wortwahl. Ein Saxofon spielt so nur ausnahmsweise normale Töne, für die es gebaut wurde. Distorsion erst haucht ihm den wahren Sound ein, die einen mögens, andere nicht, dennoch, interessant war es allemal, vielleicht interessanter als manches Abo-Konzert.
Manfred Zürcher, Schaffhauser Nachrichten, 30. Oktober 1999